Welche Kennzahlen sind wichtig für ein Unternehmen (Dienstleistung)?

Welche Kennzahlen sind wichtig für ein Unternehmen (Dienstleistung)?10 min Lesezeit

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Wenn Du Dein Unternehmen steuern willst, brauchst Du einen Kompass. Dieser Kompass ist Dein Controlling. Aber welche Kennzahlen sind wichtig und sollten unbedingt kontrolliert werden? In diesem Artikel machen wir ein paar begründete Vorschläge. Dabei nehmen wir als Beispiel eine UG (haftungsbeschränkt), die im Dienstleistungsbereich tätig ist.

Kennzahlen für die Kunden- & Marktsicht

Fangen wir mit dem wichtigsten Thema an, dem Blick auf Deinen Markt. Dein Unternehmen existiert nur, um Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Wenn es das nicht gut macht, dann wird es irgendwann vom Markt verschwinden. Um das zu vermeiden, brauchst Du einen systematischen Blick auf das Verhalten Deiner Kundschaft. (Natürlich brauchst Du vorab eine brauchbare Strategie. Dazu haben wir eigene Artikel.)

Neukunden pro Monat

Ein wichtiges Indiz, ob Dein Angebot vom Markt angenommen wird, ist die Zahl der neuen Kunden, die zu Dir kommen. Wäre Deine Dienstleistung unattraktiv oder schlecht, würde dieser Wert mittelfristig den Bach runtergehen.

Jede Branche, jeder lokale Markt und jedes Unternehmen hat hier natürlich einen individuellen Wert. Dieser lässt sich nicht verallgemeinern. Grundsätzlich muss Dein Wert eher höher als tiefer sein. Aber auch hier gibt es Grenzen. Dein Unternehmen muss die Nachfrage auch mit einer gewissen Qualität abarbeiten können. 

Welche Kennzahlen sind wichtig für ein Unternehmen (Dienstleistung)?

Die Kennzahl eines einzelnen Monats ist die Basis. Damit Du ein Gefühl dafür entwickeln kannst, wo ein guter Wert für Dein Unternehmen liegt, solltest Du auch einen Durchschnittswert der letzten 12 Monate ermitteln. Wenn Du nicht nachvollziehen kannst, wo dieser Wert in der Vergangenheit lag, dann dauert es natürlich 12 Monate bis Du hier eine verlässliche Größe hast. 

Warum gerade 12 Monate? Weil damit alle Saison-Effekte eines Jahres in der Zahl enthalten sind. Würdest Du nur 6 Monate betrachten, dann hättest Du immer Phasen, in denen diese Kennzahl beispielsweise mal das Weihnachtsgeschäft nicht berücksichtigt und mal das Sommerloch nicht.

Wiederkaufsrate & Kundenbindungsrate

Die Neukunden pro Monat klären, wie viele Menschen, neu hinzukommen. Jetzt brauchst Du noch ein Maß für den Anteil der Kunden, der bei Dir bleibt. Das Problem dabei ist, dass Dienstleistungen sehr unterschiedlich gestaltet sind. Es kommt also auf Dein Geschäftsmodell an, um zu entscheiden, was hier ein guter Wert ist. Um das zu verdeutlichen, schauen wir auf zwei Beispiele.

Beispiel 1

Nehmen wir einen Friseursalon. Die Leistung wird von Kunden nicht jede Woche oder jeden Monat in Anspruch genommen. Es gibt auch keine vertragliche Verpflichtung für jemanden, wiederzukommen. Ein gutes Maß wäre, wenn Du Dir anschaust, wie viele Kunde Du pro Monat hast und dann ermittelst, wie viele von denen schon einmal bei Dir gekauft haben. 
„Wiederkaufsrate = Anzahl der Kunden, die bereits da waren : Gesamtanzahl der Kunden pro Monat“
Wo genau diese Zahl liegen sollte, ist für jedes Unternehmen individuell festzulegen. Es gibt keinen allgemein gültigen Standard. Grundsätzlich gilt „so hoch wie möglich“.

Beispiel 2

Das zweite Beispiel ist eine Sprachschule. Würdest Du hier die gleiche Kennzahl wie der Friseur nehmen, hättest Du regelmäßig einen Wert von 100 %. Die meisten Sprachkurse gehen nämlich länger als einen Monat und Kunden sind vertraglich über diesen Zeitraum gebunden. Hier gibt es eine andere brauchbare Betrachtung. 
Die Kundenbindungsrate zeigt den Anteil der Menschen, die nicht abwandern. Du brauchst drei Zahlen, um sie zu berechnen – die Bestandskunden am Anfang des Monats, die Bestandskunden am Ende des Monats und die gewonnenen Neukunden des Monats. 
Wir unterstellen als Beispiel:
Bestandskunden am Anfang 150
Bestandskunden am Ende 170
Neukunden   40

„Kundenbindungsrate = (Bestandskunden am Ende – Neukunden) : Bestandskunden am Anfang x 100“
Also:
(170 – 40) : 150 x 100 = 86,7%

Für den Friseur wäre dieser Wert kaum ermittelbar, da er keine echten Bestandskunden hat. Für die Sprachschule wäre eine hingegen die Wiederkaufsrate unbrauchbar, da sie immer hoch ist und sich kaum ändert.

Kennwerte für die Sicht auf die Mitarbeiter

Die Wichtigkeit des „Bereichs“ Mitarbeiter kann in einem Dienstleistungsunternehmen nicht deutlich genug betont werden. Hier gibt es eine Vielzahl von Facetten, die Du im Blick behalten solltest. Viele davon sind nur schwer oder gar nicht messbar. 

Wir unterstellen für unser Beispiel mal für eine Sekunde, dass Du allein bist und keine Angestellten hast. In diesem Fall solltest Du Dich selbst natürlich genauso betrachten, wie jeden anderen Mitarbeiter auch. Gerade in einer UG stellt man sich ja klassisch (gerade am Anfang auch nur mit einem sehr geringen Gehalt) an.

Arbeitszeit

Eine der ersten Kennzahlen, die für Dein Unternehmen wichtig sind, ist die Menge der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Wir meinen hier nicht die vertraglich festgelegte Arbeitszeit, sondern wirklichen Input. 
Warum ist das wichtig? Nun, an irgendeinem Punkt kommen Fragen auf wie „Lohnt sich die Tätigkeit überhaupt?“ oder „Für welche Arbeiten sollte ich jemanden anstellen?“. Dann ist die (in Euro bewertete) Arbeitszeit in einem Dienstleistungsunternehmen natürlich die Hauptgröße zur Beurteilung.

Außerdem ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ein hervorragender Indikator für Qualität. Achtung: Wir haben „Indikator“ gesagt, nicht „Maß der Dinge“. In den meisten Unternehmen kann man einen inneren Zusammenhang zwischen Qualität und Arbeitszeit feststellen. Wer im Durchschnitt (!) 60 Stunden pro Woche arbeitet, der wird nicht dauerhaft hohe Leistung bringen können. Auch hier gilt: Wir sagen nicht, dass es nicht auch mal eine 60-Stunden-Woche geben kann oder sogar einen Monat von solchen Wochen. Die Aussage ist, dass die Qualität der meisten Dienstleistungen leidet, wenn das zur Normalität wird.

Kennzahlen für Arbeitsabläufe

Nach Kunden und Mitarbeitern ist der Blick auf die Arbeitsabläufe für ein Unternehmen wichtig. Das ist natürlich ein sehr weit gefasster Begriff. Darunter fallen Themen wie

  • Dauer bestimmter Tätigkeiten
  • Ausführungstreue bestimmter Tätigkeiten (z.B. Kunden ein Mal pro Quartal kontaktieren)
  • Marketing- & Vertriebserfolg
  • Einhaltung bestimmter Deadlines (z.B. Abgabe Umsatzsteuer-Voranmeldung)
  • Systematische bzw. standardisierte Erfüllung von Aufgaben (z.B. ein Verkaufsgespräch immer mit festgelegten Elemente durchführen)

Du siehst hoffentlich, dass diese Liste eine Menge Unterpunkte benötigt, bevor sie vollständig ist. Das sprengt natürlich den Rahmen dieses Beitrags. 

Deswegen gehen wir an dieser Stelle nur auf die zwei Kennzahlen ein, die hier unserer Meinung nach eine übergeordnete Wichtigkeit besitzen.

Marketingerfolg

Es ist absolut kritisch für jedes kleine Unternehmen sich mit der Neukundengewinnung zu beschäftigen. Damit haben wir uns in dem Beitrag „Neukundengewinnung – Wie finde ich Kunden für ein Kleinunternehmen?“ detaillierter beschäftigt.

Hier an dieser Stelle möchten wir eine andere „Kennzahl“ vorschlagen. Es ist nicht so sehr eine Kennzahl, sondern vielmehr eine Frage, die Du regelmäßig beantworten solltest. Wenn Du das tust und daran arbeitest, dass Du sie für Dich positiv beantworten kannst, dann ist schon sehr viel erreicht.

Die Frage lautet:

„Was muss ich tun und bezahlen, um sicher die nächsten 10 profitablen Kunden zu gewinnen?“

Am Anfang eines Unternehmens wird diese Frage nicht verlässlich zu beantworten sein. Meistens hat man eine Vermutung, wie man das bewerkstelligen kann. Aber es ist eben nicht sicher. (Daher dieses kleine Wort „sicher“ in der Frage…) In dieser Phase ist es wichtig, dass Du Dir das eingestehst und daran arbeitest, eine Antwort zu finden. 
Wenn Du die Antwort irgendwann hast, dann bist Du in der Situation, dass Du planbar wachsen kannst. In diesem Fall hilft die Frage immer noch weiter, da Du gezwungen bist, die Verlässlichkeit und die Profitabilität zu überprüfen. Dies zwingt Dich am Ball zu bleiben und auf sich ändernde Marktbedingungen zu reagieren. Preise für Online-Anzeigen, Gehälter, Sprit und Technik ändern sich nämlich und sorgen dafür, dass kein Weg dauerhaft brauchbar ist.

Standardisierte Aufgabenerfüllung

Die zweite Kennzahl aus dem Bereich Arbeitsabläufe betrifft die Aufgabenerfüllung mit einer gewissen Qualität. 

Stell Dir vor, Du gehst zum Kosmetiksalon/Friseur/Versicherungsvertreter/Anwalt/Bäcker Deines Vertrauens. Und ein neuer Mitarbeiter ist da, der die Dinge anders anpackt. Er sagt „Guten Tag.“ anstatt „Hi“. Du bekommst keinen Kaffee angeboten und mit der Bestellung „Das Übliche.“ kommst Du plötzlich nicht mehr weiter. Bei den meisten Menschen rufen schon diese Kleinigkeiten eine klitzekleine Irritation hervor. Und wahrscheinlich würdest Du diesen Besuch eher nicht so gut bewerten, wie die anderen davor.

Der Mensch ist ein „Gewohnheitstier“. Wir wollen Berechenbarkeit in unserem Leben. Sicher, der eine mehr, der andere weniger – aber keiner sagt, dass es toll ist, wenn man nicht weiß, wo man die nächste Mahlzeit herbekommt… 
Diese Neigung, Berechenbarkeit zu bevorzugen, ist einer der Gründe, warum Unternehmen wie McDonalds so erfolgreich sind. Natürlich gibt es bessere Burger. Aber, wenn Du plötzlich in Holland am Rastplatz stehst und nicht weißt, was Du essen sollst, dann ist das große M ein Garant für „berechenbaren“ Geschmack. Deswegen binden wir uns an Marken. 
Wer weiß schon objektiv, ob Renault bessere Autos baut als Volkswagen? Ist ja auch egal, wenn ich mich einmal entschieden habe und weiß, was ich bekomme…

Welche Kennzahlen sind wichtig für ein Unternehmen (Dienstleistung)?

Welche Kennzahl ist nun wichtig für Dein Unternehmen? Du solltest unserer Meinung nach unbedingt die Treue zu einer Qualitäts-Checkliste messen. Dafür brauchst Du natürlich erstmal eine Checkliste. Am Besten nimmst Du Dir Deine Kernleistung (z.B. eine Beratung) zuerst vor. Benenne die Dinge, die Du unbedingt mit jedem Kunden machen willst (z.B. immer nach Familie fragen, immer nach aktueller Situation fragen, immer ein zweites Angebot unterbreiten usw.). 
Deine Kennzahl ist nun das Verhältnis von vollständige Checklisten zu allen durchgeführten Leistungen – nennen wir es Prozesstreue.

Wichtige Finanzkennzahlen

Der letzte Bereich ist das Finanzielle. Hier gibt es gerade für kleine Unternehmen eine kritische Kennzahl. Sie ist relativ einfach zu ermitteln. Du solltest sie aber auch systematisch nachhalten, damit Du ihre Entwicklung verfolgen kannst.

Cashflow

Wir wollen bewusst nicht den Umsatz in den Vordergrund stellen, denn der entsteht ja schon beim Schreiben der Rechnung. Das Interessante ist jedoch nicht, wie viel Rechnungen Du schreibst, sondern wie viele und wann sie bezahlt werden.
Auch ohne Steuerberater kannst Du das ziemlich schnell ermitteln. Die meisten Bankkonten haben eine Einstellung, mit der Du erkennst, wie viel pro Monat hereinkam und wie hoch Deine Abgänge waren. Falls Du sie nicht findest, gehe einfach Deinen Kontoauszug durch. 
Der Cashflow aus operativem Geschäft besteht aus allen Zahlungseingängen von Kunden (Kredite, Einlagen und außergewöhnliche Eingänge zählen nicht mit). Davon ziehst Du alle üblichen Ausgaben ab (Investitionen und außergewöhnliche Ausgaben zählen nicht). 
Bei den Raten für ein Darlehen müsstest Du eigentlich Zinsen und Tilgung auseinander rechnen. Für kleine Unternehmen ist es allerdings unserer Meinung nach brauchbarer, wenn man die Raten einfach mit zu den üblichen Ausgaben zählt. So kann weniger schiefgehen.
Wenn Du mit einer Kasse arbeitest, ist die Sache im Regelfall einfach. Suche Dir einfach eine Übersicht oder das Kassenjournal und rechne die Werte hinzu.

Fazit

Wenn Du Dir in jedem Monat eine Stunde Zeit nimmst, kannst Du wahrscheinlich alle Werte (bis auf die Arbeitszeit) finden und die Frage zum Marketingerfolg beantworten. Eine Tabelle, die Du systematisch führst, ist üblicher Standard. Die Erkenntnisse, die Du nach 3–4 Monaten erstmals aus den Ergebnissen ziehen kannst, werden Dir helfen, Deine UG erfolgreich zu führen. Sieh das Ganze als Frühwarnsystem oder Unternehmensübersicht, die Du zur Steuerung nehmen kannst. Wir haben übrigens auch ein Unternehmens-Cockpit für unsere Kunden entworfen, das wir individuell anpassen können. 

In unseren Augen ist das Wichtigste, dass Du nicht nur auf die Finanzen schaust, sondern auch die anderen Bereiche regelmäßig kontrollierst. Das erhöht die „Überlebensfähigkeit“ ungemein. 

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